Johann Ulrich Steiger kam am 25. August 1920 in Appenzell zur Welt. Sein Vater gleichen Namens befand sich als Holzfäller in Amerika. Entgegen den Plänen des Vaters, liess sich aber seine Innerrhoder Gattin Rosa Moser nicht bewegen, ihm über den Atlantik in die USA zu folgen. Er kam zurück und bezog mit der Familie eine Wohnung in Oberglatt bei Flawil. Am Flüsschen Glatt an der Grenze zwischen Fürstenland und Toggenburg, bei Kirche und Friedhof verbrachte Ueli Steiger seine Kindheit. Auf dem Friedhof schaute er den Bildhauern beim Versetzen der Grabmäler zu. Der Naturalismus der Reliefdarstellungen beeindruckte ihn sehr.
Mit 15 Jahren machte er sich auf die Suche nach einer Lehrstelle bei einem Bildhauer. Er fand sie bei Emilio Righetti, einem rigorosen Naturalisten, in St.Gallen St.Fiden. Schon bald zügelte der Meister die Grabmalwerkstätte nach Zürich. Für den jungen Bildhauer begann eine anregende Zeit mit Kursen in Modellieren, Holzschnitzen und Aktzeichnen an der Kunstgewerbeschule Zürich.
In Zürich fand gerade die Landesausstellung statt, die ihm mit den Plastiken und Skulpturen aller bedeutenden Bildhauer des Landes künstlerische Anregung vermittelte. Am 1. Februar 1940 eröffnete Ueli Steiger in Flawil eine Grabmalwerkstatt. Mit dem bei Righetti erlernten Naturalismus erzielte er bald Erfolg. Da aber im Winter auf dem Grabsteinsektor wenig lief, begann er mit der Holzschnitzerei. In der Folge betrieb Joh. Ulrich Steiger – wie er sich nannte- im Flawiler Dorfzentrum mit Angestellten und Lehrlingen zwei kunsthandwerkliche Werkstätten, eine für Holz und eine für Stein. Auch eine kleine Galerie war angegliedert .
Das U mit den ineinander verschlauften Buchstaben J , S und T wurden sein Markenzeichen. 1960 konnte Ueli Steiger das kleine Fabrikgebäude an der Degersheimerstrasse 2 in Flawil erwerben und schuf daraus Werkstatt, Wohnung für die 7-köpfige Familie und Kulturzentrum in einem. Die neue Galerie im obersten Stock des Hauses machte sich bald einen Namen von überregionaler Bedeutung. Johann Ulrich Steiger, der Bildhauer, Grafiker und Maler befand sich auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Unzählige Arbeiten aus seinem Atelier sind noch heute in öffentlichem Raum, Kirchen oder Privathäuser in der ganzen Ostschweiz anzutreffen. Stellvertretend sei die künstlerische Ausstattung der reformierten Kirche von St.Peterzell erwähnt, welche auf beeindruckende Weise moderne Architektur mit von der Romanik inspirierter Holzbildhauerei verbindet. Dieses Hauptwerk des Holzbildhauers ist hier in der Ausstellung umfassend dokumentiert.
Die Ausstellung in Schwellbrunn richtet den Fokus für einmal ausschliesslich auf das holzbildhauerische Werk des vielseitigen Künstlers. Werke aus sieben Jahrzehnten zeigen einerseits den meisterhaften Umgang Johann Ulrich Steigers mit dem Schnitzmesser, aber auch seine Suche nach zeitgemässem künstlerischem Ausdruck.
Auch nach der Übersiedlung ins Pflegeheim anfangs 2008 liess es sich Ueli Steiger nicht nehmen, weiterhin kreativ tätig zu sein. Er zeichnete täglich und realisierte noch kurz vor seinem Tod am 12. Mai 2008 den Druck eines Heftes mit einer Auswahl aus diesen Zeichnungen.
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