Ich zeigte das Kalenderblatt meinem Vater und der etwas grimmig dreinschauende Knabe rechts aussen in der oberen Reihe ist tatsächlich der kleine Ueli. Vater beschrieb mir einmal die Weiler Burgau und Oberglatt als die damaligen Slums von Flawil. Den knapp zwanzig Kindern steht offensichtlich die Armut ins Gesicht geschrieben. Es herrschte Wirtschftskrise. Der Familie des kleinen Ueli ging es da noch verhältnismässig gut. Grossvater arbeitete als Wegmacher und bewirtschaftete ein kleines Heimet und Grossmutter stickte in Heimarbeit, wie es sich für eine Innerrhoderin gehörte, habe ich erfahren. Meine Grosseltern väterlicherseits starben beide vor meiner Zeit.
Die Legende der Fotografie im Ortsmuseumskalender besagt nur ganz kurz: "Schüler von Burgau an der Glatt 1927". Dank der Auskunft meines Vaters weiss ich etwas mehr über diese sympatischen Lehrerin, die mit ihren ausgemergelten SchülerInnen raus aus der Schulstube an die Sonne ging,und mit der Klasse zeichnete und modellierte. Der Lehrerkollege von Fräulein Kunz im Schulhaus Burgau hiess Aeberli. Auch er war Anhänger der Reformpädagogik (vielleicht stammt ja die Aufnahme der Erstklässler an der Glatt von ihm). Margrith Kunz ging später nach St.Gallen.
Johann Ulrich Steigers lebenslange Obsession für die Bildhauerei wurde in den Schulstunden bei der fortschrittlichen Lehrerin Margrith Kunz in der Flawiler Aussenschule Burgau geweckt, was er mir gegenüber mehrfach betonte. Er wäre heute 90 Jahre alt geworden.
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